Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

geht es Ihnen auch so? Wenn ich derzeit die Zeitung aufschlage oder die Nachrichten einschalte, habe ich den Eindruck, von den schlechten Nachrichten erschlagen zu werden. Und das, obwohl ich ein „unverbesserlicher Optimist“ bin.

Aber es ist Fakt, dass es weltweit viele Krisenherde, Kriege und Nöte gibt und sich in Deutschland ein beängstigender Abstieg vollzieht, vor dem man nicht die Augen verschließen darf. Die Infrastruktur bröckelt, die Finanzlage der Kommunen spitzt sich immer weiter zu. Wir sollen mehr Kitaplätze schaffen, Schulen, Straßen, Wege und Plätze erneuern. Aber es fehlt nicht nur an Geld, sondern auch an Personal in allen Bereichen.

Hier ist ein grundlegender Wechsel der Politik notwendig. Dazu gehört insbesondere mehr Realismus. Nicht alles, was wünschenswert ist, kann kurz- oder auch nur mittelfristig umgesetzt werden. Statt dies einzusehen, werden ständig neue Ansprüche etabliert. Der Rechtsanspruch auf den Kitaplatz, der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule, längere Betreuungszeiten, mehr und besser qualifiziertes Personal. Die Wirklichkeit sieht leider anders aus. Auch hier gilt: Nicht das Erzählte reicht, sondern das Erreichte zählt. Wenn die Zahl der Kinder größer ist als erwartet, wenn die Personalgewinnung schwieriger ist als erhofft, müssen die Ansprüche und Erwartungen auf ein realistisch umsetzbares Maß heruntergeschraubt werden.

Auch den derzeit laufenden Wahlkampf zum Deutschen Bundestag verfolge ich mit Sorge. Das sog. „negative campaining“ ist von den USA nach Deutschland herübergeschwappt. Mit diesem Begriff wird insbesondere eine politische Öffentlichkeitsarbeit bezeichnet, bei welcher der (politischen) „Gegner“ in ein schlechteres Licht gerückt wird, um damit das eigene Ansehen zu erhöhen. In Österreich gibt es hierfür das treffende Wort „Schmutzkübelkampagne“. Der US-Präsidentschaftswahlkampf war insbesondere im vergangenen Jahr hiervon geprägt, üble Nachrede und rassistische Beleidigungen waren an der Tagesordnung. Für Wählerinnen und Wähler in den USA war es nicht ungewöhnlich, dass Donald Trump den Präsidenten Joe Biden als den „schlechtesten Präsidenten aller Zeiten“ bezeichnet hat und Joe Biden oder Kamala Harris von Donald Trump als „verurteiltem Verbrecher“ sprachen. Seine Gegenkandidatin Kamala Harris hat Trump wiederum mehrfach als „dumm“ und „bösartig“ bezeichnet. Nach entsprechender Kritik behauptete Trump, aufgrund der Meinungsfreiheit, habe er ein Recht, Harris persönlich anzugreifen.

Im Vergleich hierzu verläuft unser derzeitiger Bundestagswahlkampf zwar noch verhältnismäßig ruhig und moderat. Aber auch hier sind negative Veränderungen feststellbar. Wir müssen wachsam bleiben, unsere demokratische Kultur pflegen und ihrem Verfall entgegenwirken. Mitbewerber um politische Ämter oder Mitstreiter im politischen Willensbildungsprozess sind keine „Feinde“. Demokraten haben anderen Personen gegenüber Respekt zu zeigen. Beleidigungen und verbale Gewalt haben keinen Platz in demokratischen Debatten. In allen politischen Gremien, egal ob Bundestag oder Gemeinderat, muss unabhängig von Parteibüchern nach den besten Lösungen für die politischen Herausforderungen gesucht werden.

Insgesamt täte unserer Gesellschaft in vielerlei Hinsicht mehr Anstand gut, auch die Beachtung des kategorischen Imperativs „Was du nicht willst, dass man dir tut, das füg' auch keinem andern zu“ würde unsere Gesellschaft weiterbringen.

Und bei allen negativen Schlagzeilen, dürfen wir auch die positiven Nachrichten nicht aus den Augen verlieren, über die viel zu wenig berichtet wird. So hat sich z.B. im Zeitraum von 1990 bis 2023 die weltweilte extreme Armut von 47 % auf 8 % verringert. 1990 betrug die Kindersterblichkeit 90 von 1.000, bis zum Jahr 2022 hat sie sich auf 37 von 1.000 reduziert. Im selben Zeitraum sank der Anteil der unterernährten Bürger von 19 % auf 9 % und der Analphabetismus der Weltbevölkerung von 32 % auf 9 %. Der Anteil der erneuerbaren Energien stieg in dieser Zeit von 16 % auf 31 %. Während die Anzahl der Beschäftigten in Deutschland 1991 noch 38,7 Mio. betrug, wuchs sie bis ins Jahr 2024 auf 46,0 Mio. Menschen. Parallel reduzierte sich die Arbeitslosigkeit von 1996 bis 2024 von 11,4 % auf 5,8 %. Vor dem 5. Lebensjahr verstarben 1990 noch 12,8 Mio. Kinder, bis zum Jahr 2022 hat sich diese Zahl auf 4,9 Mio. reduziert (Quellen: OECD, Eurostat, AKUT, Statistisches Bundesamt).

Auch wenn sicherlich noch lange nicht „alles gut“ ist, so bestärken mich diese Entwicklungen jedoch in meinem eingangs genannten Optimismus. Lassen Sie uns gemeinsam und jeder für sich, daran arbeiten, dass es auch weiterhin besser wird.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen alles erdenklich Gute für ein in jeder Hinsicht erfolgreiches Jahr 2025.

 

Mit freundlichen Grüßen

Karsten Fehr
Bürgermeister der
Verbandsgemeinde Unkel

 

 

 

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