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Dieser Doppelhaushalt reicht bis an das Ende dieser Wahlperiode des
Verbandsgemeinderates heran und wird die Grundlage für den nächsten
Verbandsgemeinderat sein, der im Jahr 2024 seine Arbeit aufnehmen
wird.
Dieser Doppelhaushalt reicht bis an das Ende dieser Wahlperiode des
Verbandsgemeinderates heran und wird die Grundlage für den nächsten
Verbandsgemeinderat sein, der im Jahr 2024 seine Arbeit aufnehmen
wird.
Welche Ausgangssituation wird dieser nächste Verbandsgemeinderat vorfinden? Mit diesem Doppelhaushalt für die Jahre 2023 / 2024 stellen wir die Weichen hierfür. Aber: Stellen wir diese Weichen überhaupt noch selber?
Die wesentlichste - und für die Ortsgemeinden und die Stadt Unkel
unangenehmste - Veränderung im Doppelhaushalt 23/24 im Vergleich zu
den Jahren 2021/22 ist die deutliche Erhöhung der Verbandsgemeindeumlage. Belief sich diese im Jahr 2022 noch auf historisch niedrige 22
%, wird sie im Jahr 2023 auf 36 % und im Jahr 2024 auf 34 % ansteigen.
Dieser Anstieg beruht auf einem erhöhten Umlagebedarf. Auf Deutsch:
Die Verbandsgemeinde benötigt mehr Geld. Konkret belief sich der
Umlagebedarf im Jahr 2022 auf € 3,6 Mio. im Jahr 2023 wird er sich
voraussichtlich auf € 6,2 Mio. erhöhen und im Jahr 2024 werden wir
immer noch € 5,8 Mio. benötigen.
Die nunmehr erhöhte Verbandsgemeindeumlage liegt übrigens im
Schnitt der Umlagen der anderen sechs Verbandsgemeinden im Kreis
Neuwied – in den letzten Jahren lagen wir teils deutlich unter diesem
Schnitt.
Der genannte erhöhte Umlagebedarf von € 2,6 bzw. € 2,2 Mio. kommt für die Mitglieder des Verbandsgemeinderates nicht überraschend und setzt sich im Wesentlichen aus 3 Faktoren zusammen:
1. Personalaufwendungen
Wir als Verwaltung waren in den letzten Jahren personell stark unterbesetzt und möchten nun eine angemessene Personalausstattung erreichen. Ich möchte mich an dieser Stelle für die sehr konstruktive Zusammenarbeit der Politik und der Verwaltung bedanken. Die Arbeitsgruppe Personal hat den zusätzlichen Personalbedarf erkannt, der Verbandsgemeinderat in der letzten Sitzung neun zusätzliche Stellen eingerichtet und die Kommunalaufsicht hat dieser Maßnahme bereits zugestimmt. Dieser personelle Mehrbedarf wird uns rund € 740.000,-- kosten. Hinzu wird eine tarifliche Lohnerhöhung für unsere Mitarbeiter kommen, die wir mit 7 % und somit € 243.000,-- kalkuliert haben. - 2 - Somit werden sich die budgetierten Personalaufwendungen ab dem Jahr 2023 um rund € 980.000,-- erhöhen. Allerdings wird sich dieser Betrag im kommenden Jahr mit Sicherheit noch nicht realisieren, da nicht alle Neueinstellungen schon zum 01.01.2023 werden erfolgen können.
Auch hier ist zu vergleichen und darauf hinzuweisen, dass unser Personalschlüssel - und auch die Personalkosten - immer noch unter denen unserer Nachbarkommunen liegen.
2. Energiekosten
Hier haben wir den Ansatz für Gas von € 43.000,--- im Jahr 2022 für das Jahr 2023 um gut € 146.000,-- auf € 189.550,-- erhöht.
Die Stromkosten haben wir für denselben Zeitraum von € 52.000,-- um € 183.000,-- auf € 235.650,-- angepasst.
Insgesamt führt die Entwicklung dieser Energiekosten zu einem Mehrbedarf von rund € 330.000,--.
3. LFAG
Durch die Änderung des Landesfinanzausgleichsgesetzes, kurz: LFAG zum 01.01.2023 werden wir nur noch eine Zuweisung für „Zentrale Orte“ erhalten. Dies bedeutet in Zahlen, dass sich die Zuweisung, die wir vom Land erhalten, von € 1.024.609,-- um € 908.859,-- auf € 115.750,-- reduzieren wird.
Allein diese 3 Positionen: Personalaufwendungen / Energiekosten und LFAG führen zu einer Erhöhung des Umlagebedarfs von € 2.185.204,--.
Weitere erhebliche Kosten werden uns durch den Hochwasserschutz und die Instandhaltung dieses Verwaltungsgebäudes entstehen, welches nächstes Jahr 30 Jahre alt sein wird. Allein diese beiden Positionen werden im Jahre 2023 mit € 600.000,-- zu Buche schlagen. Es würde aber deutlich teurer werden, wenn wir diese Maßnahmen verschieben würden.
Um die eingangs gestellte Frage direkt zu beantworten:
Nein, wir stellen die Weichen nicht selber:
Das heißt für mich aber noch lange nicht, dass dies alles so weiterlaufen
muss – im Gegenteil: Ein „Weiter so“ darf es nicht geben!
So muss hinterfragt werden, ob es richtig ist, dass wir aufgrund der Änderung des LFAG zwar über € 900.000,-- weniger Zuweisungen bekommen (und zusammen mit den anderen Verbandsgemeinden knapp € 4,4 Mio. weniger bei den Verbandsgemeinden im Kreis Neuwied ankommen), der Kreis Neuwied aber im selben Atemzug knapp € 29 Mio. mehr aus dem LFAG erhält. Der Rhein-Zeitung war letzten Freitag (09.12.2022) zu entnehmen, dass der Kreis bei den Zuweisungen insgesamt auf eine Mehreinnahme von 57,6 € Mio. blicken und somit seine Liquiditätskredite deutlich herunterfahren kann.
Wir senken mit den bereits eingeleiteten Schritten unsere Energiekosten, wie z.B. durch die beschlossene Ausstattung des Verwaltungsgebäudes mit LED-Beleuchtung. Die Temperaturabsenkung in den öffentlichen Gebäuden – und auch im Hallenbad – wird ebenfalls einen positiven wirtschaftlichen Effekt haben. Von der Umrüstung der Straßenbeleuch- tung auf LED profitieren zwar in erster Linie die Ortsgemeinden und die Stadt, doch ist dies auch der richtige Weg, den wir schon vor Jahren gemeinsam beschritten haben.
Eigentlich könnte ich hier meine Haushaltsrede beenden. Doch möchte ich diese auch zu einer Situationsanalyse nutzen. Denn wir arbeiten nur an den Symptomen, doch müssen wir meines Erachtens Grundlegendes in unserem Staat und auch – und insbesondere – auf unserer kommunalen Ebene ändern.
In den letzten Jahren hat sich die Krise zu einem Normalzustand entwickelt. Nach der sogenannten Flüchtlingskrise in dem Jahr 2015 (als rund 1.600 Geflüchtete im Kreis Neuwied ankamen) breitete sich im Jahr 2020 die Pandemie aus.
Spätestens seit dem Angriffskrieg der Russischen Föderation erleben wir multiple Krisen nebeneinander. Krieg inmitten von Europa. Millionen von Menschen auf der Flucht (in diesem Jahr kamen rund 3.500 und somit mehr als doppelt so viele Geflüchtete im Kreis Neuwied an als 2015). Inflation in einer über Jahrzehnte ungekannten Höhe. Die Versorgungssicherheit mit Energie ist in Frage gestellt.
Und über allem die auch bei uns immer spürbarer werdende Klimakrise. Während allein für die Verbesserung des Klimaschutzes erhebliche Investitionen in Gebäude, Verkehr und in viele weitere Bereiche notwendig sind, erhöhen die Inflation und Preisentwicklung angesichts der bestehenden Rohstoffknappheit fast täglich den Investitionsbedarf.
Hinzu kommt, dass es von unseren Bürgern als Selbstverständlichkeit angesehen wird, dass die Verwaltung die auf- und ausgabenintensive Bereiche der kommunalen Daseinsvorsorge erfüllt – auch wenn ständig neue Aufgaben, Rechtsansprüche und Standards hinzutreten.
Als – mittlerweile langjähriger – Bürgermeister muss ich im Einklang mit
dem GStB in aller Deutlichkeit sagen:
Es reicht! Es kann kein einfaches „Weiter so“ geben.
Wir als Gemeinde sind für die Kommunale Daseinsvorsorge zuständig. Das heißt, es kommt Wasser aus dem Wasserhahn und fließt danach über unsere öffentliche Kanalisation in unsere Kläranlage, wo es gereinigt wird. Wir brauchen genügend und vor allem funktionierende Kindergärten und Schulen. Wenn es brennt, löscht die Feuerwehr. Wir haben ein gutes Straßennetz (welches bzgl. der Radverkehrswege noch ausgebaut werden muss), fördern das Ehrenamt (wie z.B. das Bürgerbusprojekt), sind für Sport- und Kulturstätten und vieles mehr zuständig.
Diese originären (Pflicht-) Aufgaben lösen wir mit hohem Engagement – und dies wird sowohl von den übergeordneten politischen Ebenen, als auch von unseren Bürgern als Selbstverständlichkeit angesehen. Hierbei wird jedoch aus den Augen verloren, welcher finanzielle und personelle Aufwand dahintersteckt. Hinzu kommt, dass etliche Standards von Gesetzgebung und Rechtsprechung derart weiterentwickelt und in die Höhe getrieben werden, dass sie kaum noch erfüllt werden können.
Als Beispiel hierfür sei nur kurz der ab dem Jahr 2026/2027 bestehende Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an den Grundschulen angesprochen. Mit diesem am 12.10.21 in Kraft getretenen "Gesetz zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter" (Ganztagsförderungsgesetz – GaFöG) hat der Bundesgesetzgeber einen Rechtsanspruch auf eine ganztägige Förderung im Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) verankert. Folgende Rahmenbedingungen zum Rechtsanspruch sind festgelegt worden:
Die Wahrheit ist: Zur Umsetzung dieses Rechtsanspruchs fehlen den Kommunen momentan schlichtweg die notwendigen Ressourcen.